Diese verflixte Probefahrt auf der Spezi mit diesem verflixten Wolf von den verflixt netten Schweizern

Bäääh, du blöder Wecker, nun gib schon Ruhe ich stehe ja schon auf, will ja nicht ausgerechnet heute verschlafen, denn heute ... anderthalb Stunden später sitze ich (reichlich unausgeschlafen) an einem schönen Samstagmorgen im ICE (nicht übel, denn bezahlt hatte ich nur IC) der schnell gegen Süden rollt - gen Basel genauer gesagt. Gerüchten zufolge soll dort die Heimat einer Firma sein, die sich ganz der Aufzucht und Weitergabe Wilder Wölfe an Treusorgende Liegeradler widmet ... und tatsächlich, hinter der Schule hält vor einer kleinen Holzrampe ein Narzissengelber? (Anmerkung W&W: currygelb) Wolf Wacht, der zumindestens tbli bekannt vorkommen dürfte - hier bin ich richtig!

Drinnen wartet dann nicht nur Florian Wolf auf mich (vielen Dank das du deinen Samstag "geopfert" hast!) , sondern auch schon sehnsüchtig mein kleiner, Lila Wolf.

Florian hatte mir geschrieben, ich solle nicht zu spät kommen, denn es würde schon so 2 Stunden dauern, bis mein Wolf und ich zu einer perfekt aufeinander eingespielten Gemeinschaft geworden seien - es wurden dann eher so 150 Minuten ... aber ich greife vor ... Vorgeschichte:

Angefixed von der Reiseradlerei wollte ich nicht weniger haben als das Perfekte Reiserad (für meine Bedürfnisse!). Das Flux S 900 kommt mit den fetten Big Apples und Luftdämpfer diesem Idealbild schon recht nahe aber da war noch diese verflixte Probefahrt auf der Spezi mit diesem verflixten Wolf von den verflixt netten Schweizern, die ging mir verflixt nochmal nicht aus dem Kopf aber noch ein Liegerad und innerhalb so kurzer Zeit noch mehr Geld dafür auf den Kopp hauen, da halten mich doch Freunde/Familie/Kollegen für total verrückt ... obwohl ... das denken die vermutlich ohnehin schon ... ist der Ruf erst ruiniert ...

Auf der Spezi 2016 hatte ich das Wolf&Wolf zum ersten Mal gesehen und ... es gefiel mir so richtig überhaupt ganzundgarnicht, der dicke Vorderbau kombiniert mit dem filigranen Rahmenwerk hinten, dazu die angeberische einseitige Gabel - nee danke.

Gäbe es diesen Faden nicht, hätte die Geschichte hier ein Ende, denn ich wäre wohl weiterhin an den Wölfen vorbeigelaufen ohne sie eines zweiten Blickes zu würdigen. Wenn aber soviele Forenberühmtheiten sich so begeistert äussern - da muss doch was dran sein?

Also bei der Spezi im folgenden Jahr die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und so ein komisches Ding mal ausprobiert ... was dabei rauskam:

https://www.velomobilforum.de/forum/index.php?threads/wolf-wolf.44989/page-13#post-819478

Am liebsten hätte ich ja sofort eins der Räder mitgenommen aber glücklicherweise war ja keines für mich wirklich passendes vorhanden. Rechtzeitig zur geplanten Tour ein neu gefertigtes zu bekommen war zeitlich nicht drin; also folgender Plan: Überzeugt mich das Flux hundertprozentig auf der Tour dann bleibe ich treu, andernfalls ...

Mit dem Flux unterwegs zu sein war super aber die eine oder andere Kleinigkeit zum meckern gabs dann doch; das zusammen mit dem Faktum, das ich mittelfristig auf jeden Fall eine Rohloff am Reiserad haben wollte führte dann gnadenlos und unerbitterlich zum Entschluß noch einen Einspurer zu kaufen.

Die Rohloff als Schaltung war gesetzt, L Sitz ebenso, genau wie der leicht verlängerte M Rahmen. Worüber ich mir echt den Kopf zerbrochen habe war der Sitzwinkel - flacher ist besser, ist schneller! Also flach. - ja aber was ist wenns steil den Berg hoch geht? Stimmt auch wieder also steiler. Gut aber denk dran, das dir dein Fluxsitz jetzt immer ein wenig zu steil vorkommt. Na gut dann also doch flach? ...

Schlußendlich wurde es doch der flachere Winkel des AT1 Custom - im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung.

Schwierig war dann auch der Ausleger - nach intensiven Gesprächen haben die Wölfe dann den richtigen Vorschlag gemacht - so habe ich nun gleich zwei Ausleger, einen ohne Umwerferdorn um Standardrohloffsetup (oder E-Thirteen) zu fahren, einen zweiten, falls ich doch auf Kette umsteigen will oder Rohloff mit Halfstep fahren möchte. Eigentlich hatte ich geplant den Rahmen selber aufzubauen (auch um Kosten zu senken); umgestimmt haben mich dann die Bilder vom Rohloffaufbau - mir war klar - ich würde den Zusammenbau des Rades schon hinkriegen aber keinesfalls in dieser Qualität/Sauberkeit. Im Gespräch mit Franz sagte er dann, das es auch möglich wäre das Rad an einem Samstag abzuholen; damit war klar - ich würde meine Wolf fahrbereit montieren lassen und ihn gleich mit einer zünftigen Wochenendtour gen Heimat einweihen.

Vor dem ersten Ausritt auf dem Wolf mussten natürlich noch meine mitgebrachten Pedale (Crankbrothers Candy 7) angebracht werden. Dann noch den Ausleger etwas länger eingestellt, einen längeren Vorbau montiert und die Griffe 3 Zentimeter nach vorne geschoben ... los gehts, die erste Probefahrt!

So jetzt gehts um die Wurscht, hat mir meine Erinnerung einen Streich gespielt, stimmt das Gefühl von der Spezi mit der Realität überein .. oder sind ein paar Tausend Euro in den Sand gesetzt?

Leicht nervös rolle ich zögerlich los und ... WoW!

Nein, meine kleinen Grauen Gedächtnisszellen haben die Wahrheit gesagt, der Wolf fährt sich einfach super - extrem knackig im Antritt, leicht und locker beherschbar und die Verzögerung ... mal sehen ... jupp bremst genauso knackig und souverän wie er beschleunigt.

Zurück in der Werkstatt. Florian schlägt vor statt einen längeren Vorbau zu verwenden den Lenker zu kürzen. Was wir (er) dann auch machen - hätte ich mich das auch bei einer Selbstmontage getraut? Wahrscheinlich nicht; Florian hat das richtige Werkzeug und sollte sich herausstellen, das irgendwas doch nicht passt, wäre im Zweifelsfall auch noch ein Ersatzlenker im Schrank.

Die Bremsleitungen werden gekürzt, die Zughüllen sauber am Lenker eingeschrumpft. Florian schnitzt noch ein wenig am Drehknopf der Bremshebelverstellung (der einzige Nachteil der Bowdenzugführung am langen Rohloffdrehgriff - zwischen den abgehenden Zügen ist nur wenig Platz und genau zwischendrin macht sich der Drehknopf breit).

Ich nutze natürlich die Gelegenheit um Florian ein Loch in den Bauch zu fragen (was er geduldig über sich ergehen lässt); später kommt auch noch Vater Wolf hinzu (ihm gehört der unten geschaltete Rohloff Wolf von der Spezi). Zwei Dinge die mir nicht klar waren und vielleicht dem ein oder anderen nützlich sein könnten: 1) Der Ständer am Wolf sollte mit Bedacht genutzt werden; mit schwerem Gepäck nach Möglichkeit besser das Rad anlehnen und auf keinen Fall bei einem Stopp im Sitzen mit dem ganzen Körpergewicht belasten.

2) Der Ausleger sollte vor der Montage gefettet werden.

Die Flaschenhalter kommen ans Rad und Florian presst noch ein Tretlager in meinen "Reserveausleger" ein.

Eine zweite, deutlich längere Probefahrt (auf der ich mich beinahe verfahre) folgt - alles perfekt. Die Waage waltet ihres Amtes; mit allem Kruscht (Pedale; Licht, Flaschenhalter, Flaschen (waren sogar glaub ich voll) GPS Gerät etc.) sind es 16,2 Kg. Dann verabschiede ich mich und rolle los gen Heimat - es ist mittlerweile 12:30 und leider zieht sich der Himmel mehr und mehr zu - reichlich Regen ist für den Nachmittag vorhergesagt aber das kümmert mich gerade so gar nicht - folgsam und fast mühelos rollt mein Wolf mit mir im Sattel durch die große Stadt - ich bin glücklich und freue mich auf die Kilometer die vor mir liegen.

Ich mag keine Städte. Ich mag Radfahren in Städten nicht. Ich mag Radfahren in Städten mit Einspurern nicht. Der Wolf ist zwar kein Tieflieger aber doch schon deutlich (rund 10 cm) niedriger als mein Flux. Würde der schlechtere Überblick das Abenteuer Großstadteinspurliegefahrrad noch unangenehmer werden lassen?

Klare Antwort: Nein. Ja, der Überblick ist geringfügig schlechter aber: Der Wolf ist im Start/Stopverkehr spürbar agiler/leichter zu handhaben, besonders angenehm ist wie entspannt und locker die Warteposition an Ampeln/Kreuzungen mit einem Fuß auf dem Boden ist. Beim Flux muß ich da schon .. naja, nicht auf den Zehenspitzen balancieren aber unbequem ist es schon. Weiterer Punkt (auch wenn Kräuterbutter jetzt ganz stark bleiben muß) - die Rohloff. Es schaltet sich einfach - komplett ohne einen Gedanken daran zu verschwenden - fluffig durch die Gänge und wenn man nach einer unerwarteten Bremsung doch mal im falschen Gang dasteht - na und, schaltet man eben im Stand. Daran Anteil hat natürlich auch der lange Drehgriff, mit dem man aus dem Handgelenk heraus schalten kann. Die leichte Skepsis, ob der drehbare Griff nicht die Kontrolle über das Rad erschweren würde, war überflüssig.

Traditionell verfahre ich mich in jeder unbekannten Stadt mindestens einmal - das schaffe ich natürlich auch heute aber das liegt definitiv nicht am Roß, sondern am Reiter.

Am Rand der Stadt führt ein ... naja es nennt sich Radweg aber eigentlich ist es entweder a) eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Zahnärzte und Radhändler oder b) ein Folterinstrument zur Abschreckung dieser lästigen Wichte, die sich der Überlegenheit des Automobilverkehrs nicht unterwerfen wollen. Ein Plattenweg, zwar ohne allzu große Spalten, doch dafür mit wunderbaren, sicher 10, 15, 20 cm hohen Wurzelaufbrüchen. Die fetten Reifen helfen hier nur wenig, der Netzsitz bemüht sich zwar nach Kräften, dennoch ist es kein angenehmes fahren. Ohne direkten Vergleich natürlich schwer zu sagen, doch gefühlt ist das Flux mit dem Rockshoxdämpfer + ebenfalls fetten Reifen auf solchem Terrain etwas gutmütiger. Vielleicht war ich (mit dem Wolf) aber auch nur schneller/motivierter.

Endlich keine lärmende Stadt mehr, endlich keine nervenden Autos mehr, keine blöden Ampeln, keine "Vorfahrt gewähren" Schilder. Dafür ein endlos scheinender Wald, der Urrhein zur linken, hin und wieder ein oder 2 oder 15 Wanderer/Radfahrer. Der Weg den ich nun entlang rolle ist das was ich als typisch deutschen Radwanderweg bezeichnen würde - wassergebunden, mal mehr, mal weniger tiefe Schotterauflage, hier und da tiefe Schlaglöcher. Wölfchen rollt einfach über alles drüber - wäre nicht die etwas langsamere Geschwindigkeit, ein Unterschied zum Asphalt wäre kaum zu merken. Die nervigen kleinen Stöße durch den Schotter schlucken die Reifen weg; größere Unebenheiten dämpft der Netzsitz. Perfekt.

Kommen wir zum beliebten Thema: Was klappert denn da (heute)? Antwort: Nichts. Nicht die Schutzbleche, nicht die Züge, nicht die Kettenrohre, einfach gar ... moment, doch , jetzt, da es ganz ruhig ist höre ich doch etwas, ein ganz leises scheppern/klingeln aus Richtung des Vorderrades. Es ist, wie sich herausstellt, die Feder, die die Bremsbeläge in Position hält. Anscheinend war ich gerade mit der passenden Resonanzfrequenz unterwegs; ein paar Minuten später höre ich das Geräusch nochmal, für den Rest der Tour/bisher gefahrenen Kilometer nicht mehr.

Die Rohloff ist trotz Einfahrphase erstaunlich leise (klar im 6ten, 7ten nicht), die Hinterbaukonstruktion mit dem Gitterwerk aus Rohren kleinen Durchmesser trägt vermutlich ebenso ihren Teil dazu bei, wie das (im Vergleich zum Trike) größere Laufrad. Von der Kette ist aus dem hinteren Bereich nichts zu hören, das Kettenrohr im Zugtrum vorne ist Quelle einer geringen Geräuschentwicklung. Ist wahrnehmbar aber (auch dank tiefer Frequenz) kein großes Thema. [...]

Ralf D.

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