Zu viert sind wir am Start zum Alpenbrevet 2018. Wir alle sind Alltagsfahrer und machen maximal ein Mal pro Jahr eine kleinere oder größere Radtour mit unseren Alpentourer AT1. In den letzten Monaten haben wir zusätzlich trainiert. Die meisten Kilometer habe ich in den Beinen - seit Januar sind knapp 5000 zusammengekommen. Das Schlusslicht bildet Gabriel. Er setzte auf Effizienz, was er sich aufgrund seiner guten Grundkondition durchaus leisten kann. Christoph war in den letzten Jahren zu viel im Büro und hat nun drei Monate seriös trainiert. Thomas fährt oft und viel im Alltag. Seit drei Monaten macht er auf der Strecke von Zuhause bis zur Werkstatt Umwege mit Höhenmetern.
Mit dem Wetter haben wir heute kein Glück, es ist das kälteste Wochenende seit Ostern. Die Tagesprognose ist einfach: je länger man unterwegs ist, desto mehr Regen wird es geben. Gestartet wird um 6:45 Uhr, wir sind umringt von etwa 2000 Carbon-Rennrädern. Es dauert seine Zeit, bis sich auf der schmalen Straße von Andermatt alle Teilnehmenden in Bewegung gesetzt haben. In gemütlichem Tempo geht es die Schöllenenschlucht bergab. Es ist faszinierend, mit welcher Ruhe sich die Menschenmasse die Serpentinen hinunter schlängelt. 40 Minuten später passieren wir am Fusse der Susten-Passstraße die Zeitmess-Schranke zum offiziellen Start. Nun folgen die ersten 1356 Höhenmeter, die wir alle am Stück hochfahren.
Den härtesten Teil des Brevets erleben wir alle nach ungefähr sechs Stunden. Von uns Vieren ist Christoph zuhinterst unterwegs. Auf der zweiten und längsten Bergfahrt Richtung Grimselpass wird er so richtig verregnet. Mit jedem Höhenmeter fallen die Temperaturen weiter in den tiefen einstelligen Bereich. Aber Christoph bleibt hartnäckig und fährt sein Tempo weiter. Er hat in den letzten Monaten gelernt, dass es entscheidend sein wird, den eigenen Rhythmus zu fahren. Thomas ist schon oben und kämpft seit einer knappen halben Stunde mit dem Umziehen. Er hat zu kalt um mit durchnässten Kleidern runterzufahren. Schließlich macht er eine Pause im Hospiz-Restaurant um sich aufzuwärmen. Gabriel ist den Grimselpass schon runtergefahren. Ein kaltes, nebliges und ernüchterndes Erlebnis nach der atemberaubenden Sustenpass-Abfahrt. Er steckt nun bereits in der Furka-Rampe und spürt, dass er bald eine kurze Pause einlegen muss. Zudem ist er sich nicht ganz sicher, ob er nicht aus Versehen auf der längeren Goldstrecke gelandet ist. Ich selber sitze erschöpft und Tee trinkend in der wohl kleinsten Beiz der Region auf halber Strecke der Nufenenpassstraße. Mein Magen rebelliert, weil ich mit der Verpflegung und dem Getränk Fehler gemacht habe. Ob das wirklich eine gute Idee war auf die Goldstrecke abzubiegen? Es beginnt leicht zu regnen und ich setzte meine Fahrt fort. Dank meiner Tourenübersetzung kann ich bergauf fahren und mich gleichzeitig erholen.
Aus unserer Sicht als Hersteller haben wir mit diesem Unterfangen weitere wichtige Erkenntnisse sammeln können. Eine der größten Herausforderungen bleiben die Reifen. Für den Brevet-Einsatz haben wir jedoch eine gute Lösung gefunden. Das Liegerad hat in Bezug auf die Reifen den Nachteil, dass man Bodenunebenheiten nicht einfach Überfahren kann, indem man für kurze Zeit aus dem Sattel geht. Aus diesem einfachen Grund bieten schmale Reifen keine Alternative, mit anderen Worten, das Rennrad-Vorbild ist eine Sackgasse.
Natürlich fährt man mit einem Liegerad-Sporttourer etwas langsamer bergauf als mit einem modernen Rennrad. Aber die Differenz ist wesentlich kleiner als das Vorurteil. Die Überlegenheit bergab und auf der Ebene hat uns auf der Strecke einmal mehr überrascht. Sie ist jedoch klar auf die besseren Bremsen, den tieferen Schwerpunkt, die bessere Bodenhaftung der breiteren Reifen und die kleinere Stirnfläche zurückzuführen. Was das konkret bedeutet, erleben zwei Rennradfahrer, als sie dem flott bergab fahrenden Gabriel folgen und dutzende Rennradfahrer überholen. Unten angekommen meinten sie: “Krass, bisch du schnäll”.
Das Alpenbrevet zu fahren, ist ein alter Traum von mir. Da ich jedoch meistens mit Gepäck die Alpen überquerte, hatte ich einen grossen Respekt davor, mehrere Pässe hintereinander zu fahren. Zudem schließt das Reglement Liegeräder aus, auf Nachfrage wurden sie dann aber doch geduldet. Dass wir gleich zu viert an den Start gehen, hätte ich nicht gedacht. Es freut mich riesig, diesen Höhepunkt zusammen mit meinem Vater, Bruder und Christoph, einem ehemaligen Projektteilnehmer, teilen zu können. So haben wir in den Alpen alle auf unsere eigene Art gelitten und uns gefreut. Unsere physischen Beschwerden beschränken sich im Übrigen auf etwas Muskelkater. Wir sind glücklich und fahren bereits wieder täglich auf unseren Alpentourern.
Florian
Räder und Ausrüstung | ||||
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Florian | Gabriel | Christoph | Thomas | |
Modell | AT1-Sport | |||
Rahmen & Sitzgrösse | M-Rahmen M-Sitz |
L-Rahmen M-Sitz |
S-Rahmen M-Sitz |
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Schaltung | SRAM X01 | SRAM GX | ||
Bremsen | Deore XT M8000 mit BL-T8000 Bremshebel Bremsscheibe Deore XT SM-RT86 180 vorne / 160 hinten |
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Ausrüstung | Alexrims MD-25 Felgen, schmale Alpentourer AT1 Vorderradnabe, 9teen ED Acros HR-Nabe, Shimano Steckachensystem vorne/hinten, Acros Steuersatz Z-44 / AH44, B&M Rückspiegel, Elite Flaschenhalter, Alpentourer AT1 Radschützer B60 20"/26” (ohne Gepäckträger, ohne Licht, ohne Mittelstütze) |
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Vorderreifen tubeless |
KHE MAC2+ 20 x 2,3 |
Big Ben Plus 20 x 2.15 |
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Hinterreifen tubeless |
Compass Rat Trap Pass TC 26 x 2.3 |
KHE MAC2 26 x 2,30 |
Marathon Almotion 26 x 2.15 |
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Pedale & System | PD-R550 SPD-SL |
PD-A600 SPD |
PD-A530 SPD |
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Gewicht | 13.00 kg | 13.20 kg | 13.45 kg | 13.90 kg |
Begründung Mehrgewicht | Schaltung + 200g | Rahmen +100g Schaltung +200g Pedale + 150g |
Schaltung +200g Pedale +150g Reifen +550g |
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Packsystem | Ortlieb 13L Packsack (280g) seitlich hinterm Sitz befestigt |
Strecke und Pässe | ||||
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Florian | Gabriel | Christoph | Thomas | |
Sustenpass | 926 - 2282 m ü. M. 46 km* |
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Grimselpass | 630 - 2160 m ü. M. 42 km* |
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Furkapass | -- | 1768 - 2434 m ü. M. 34 km* |
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Nufenenpass | 1345 - 2473 m ü. M. 48 km* |
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Gotthard | 1179 - 2107 m ü. M. 25 km* |
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Total inkl. neutralisierte Startstrecke |
5094 Höhenmeter 160 km |
3675 Höhenmeter 120 km |
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Zeit / Schnitt exkl. neutralisierte Startstrecke |
10 Std. 10 Min. 14.76 km/h |
7 Std. 39 Min. 14.37 km/h |
10 Std. 2 Min. 10.97 km/h |
8 Std. 59 Min. 12.23 km/h |
*Angabe jeweils inkl. Abfahrt |